22
Januar
2018

Ein Interview zur Arbeit als SchulsozialarbeiterIn

Ein Interview mit Peter Nikoloff, der gemeinsam mit Dagmar Melnizky, der erste Schulsozialarbeiter in Graz war und mit Lisa Heitzinger, die seit 2015 bei ISOP Schulsozialarbeiterin ist:

Du hast die Anfänge der Schulsozialarbeit in Graz miterlebt und mitgeprägt, wie hast du diese Zeit in Erinnerung?

Peter: Positiv, weil es etwas völlig Neues war. Von der Konstellation war es anders als heute. Da gab es früher schon Konzeptarbeit von der Stadt Graz und wir hatten dann verschiedene Aufgabenbereiche zu bewältigen. Im Prinzip ging es darum: „Verbessere das Schulklima“, grob gesagt. Wir arbeiteten im Team, ein Lehrer und eine Sozialarbeiterin.

Was war deine Motivation, bei diesem Projekt mitzuwirken?

Peter: Es passte gut ins Schema von meiner Ausbildung und ich war vorher schon bei ISOP angestellt.

Lisa: Also an erster Stelle war die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, das war für mich ausschlaggebend.

Wie sah/sieht ein typischer Arbeitsalltag von dir aus?

Peter: In der Unterrichtszeit, sollten die SchülerInnen zu dir kommen, war das dann Schülerbetreuung, Einzelbetreuung halt. Ich wurde auch gebeten, in Klassen reinzuschauen wie es dort läuft, und das habe ich ein halbes Jahr lang gemacht. Sonst am Vormittag in den Pausen Freizeitbetreuung der Kinder und dann Gespräche mit den LehrerInnen. Wir waren 38 Stunden angestellt, so kamen auch nachmittags manche Kinder freiwillig zum Lernen. Ohne Erfolg in der Schule bekommen Kinder sowohl in der Schule als auch zu Hause Probleme – deshalb haben wir das gemacht.

Lisa: Ich komme in die Schule und schaue, ob der Direktor für ein kurzes Update da ist. Anschließend schaue ich, welche SchülerInnen heute zur Beratung kommen. Die Pause verbringe ich am Schulhof, wo Kinder auch auf mich zukommen. Nach den Beratungen suche ich bei Bedarf noch das Gespräch mit LehrerInnen. Neben den beiden Beratungstagen gibt es Workshops in den Klassen und Freizeitaktionen am Nachmittag.

Wie wurde/wird Schulsozialarbeit von der Schule und den LehrerInnen angenommen?

Peter: Wir wurden durchaus positiv aufgenommen. Die intensive Zusammenarbeit mit den DirektorInnen ist dabei wichtig.

Lisa: Wird sehr gut angenommen. Es wird sehr geschätzt, dass es Schulsozialarbeit an der Schule gibt. Die Schule sieht es als „Extrazuckerl“, das sie anbieten können. Die LehrerInnen kommen auf mich zu, wenn sie Bedarf in ihrer Klasse sehen oder sich auch einmal ihren Ballast von der Seele reden möchten.

Mit welchen Themen kamen/kommen die Kinder zu dir?

Peter: Damals waren einige Kinder da, die aus dem Kriegsgebiet Jugoslawien kamen, es waren also schon auch traumatisierte Kinder. Ich kann mich an einen Fall erinnern, ein Junge, und der hat ein halbes Jahr nicht geredet. Die anderen haben Tischtennis gespielt und so weiter, wir haben ihn auch in Ruhe gelassen und der hat Zeitschriften angesehen und ist dann wieder gegangen und irgendwann hat er angefangen zu reden. Die Mädels hatten ihre Mädelsthemen und sonst waren es die kulturellen Unterschiede in der Klasse wegen den Flüchtlingen. das wird heute nicht anders sein, schätze ich.

Lisa: Konflikte mit Gleichaltrigen sind ein sehr präsentes Thema. Probleme in der Schule, wenn es Probleme mit LehrerInnen gibt oder sie sich ungerecht behandelt fühlen, und auch wenn es daheim Probleme in der Familie gibt.

Hast /Hattest du Elternkontakte?

Peter: Selten. Wir hatten uns das damals überlegt, ob wir auch in die Familien fahren, aber Elternarbeit war nur über die Lehrer möglich.

Lisa: Teils, teils. Also die Zusammenarbeit mit der Schule und den SchülerInnen ist mehr vorhanden als die Elternarbeit. Die LehrerInnen vermitteln oft und geben den Hinweis, dass sich die Eltern an die Schulsozialarbeit wenden können.

Wer sind/waren deine wichtigsten Kooperationspartner?

Peter: In den 4. Klassen ging es um die berufliche Orientierung. Damals war da der Verein Pasch, auch ISOP war wichtig für die Arbeitsplatzvermittlung und dann auch noch die SozialarbeiterInnen.

Lisa: Also einerseits in der Schule die Beratungslehrerin, Direktion, LehrerInnen, Schulpsychologie, SchulärztIn und außerschulisch die Kinder- und Jugendhilfe.

Wenn du so an die letzten zwei Jahre zurückdenkst fällt dir ein positives Erlebnis ein, dass du gerne mit uns teilen magst?

Peter: Viele! Zum Beispiel mit einem Jungen, der zu Hause immer sehr viel arbeiten musste und der dann bei uns am Nachmittag seine Freizeit genießen konnte. Ich bin auch immer sehr gerne mit auf die Projektwochen gefahren, weil ich dort nicht als „Lehrer“ war. Da gab es einmal ein Erlebnis, wo die Kinder dem Hausmeister die Zigaretten gestohlen haben. Die Leiterin musste reagieren und ich habe dann zu ihr gesagt, ich mach das, und zu den Burschen hab ich gesagt: „Ich geh jetzt aus dem Zimmer raus und ihr legt die Packung wieder hin, ich frag auch nicht nach und dann ist es erledigt.“ Das haben sie dann auch gemacht.

Lisa: Da gibt es einige. Wenn ich so zurücküberlege, das war ganz zu Beginn im Herbst bei einem Bastelnachmittag: Da haben SchülerInnen einen Zettel geschrieben mit „Lisa ist die coolste“. Das war einfach total nett und ich hab mich dann so richtig angekommen und angenommen gefühlt. Auch der Direktor, der die Schulsozialarbeit sehr schätzt und das auch immer zurückgibt, ist wichtig für mich. Und was mir noch einfällt: An einem Tag nach dem Workshop war ich in einer Klasse und hab Einverständniserklärungen ausgeteilt. Ein Bub hat eine Blume gebastelt und die hat er mir dann geschenkt.

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