14
September
2017

Über die Notwendigkeit niederschwelliger Angebote in der Schulsozialarbeit

Überlegungen und Erfahrungen von Alexander Krückl

Die dargestellten Geschichten sind keine konkreten Fallschilderungen. Alle Namen sind frei erfunden.

Ausgangslage

Gerhard (10) hat kein Interesse an Schulsozialarbeit, eigentlich weiß er nicht einmal, was das ist, denn bei der persönlichen Vorstellung der Schulsozialarbeiterin hat er nicht aufgepasst.

Corinna (14) hatte vor einem Jahr richtig Spaß bei einem Workshop. Sie weiß eigentlich gar nimmer, worum es damals ging. Aber sie erinnert sich noch an die fixen Beratungszeiten und weiß auch, wo der Beratungsraum ist. Sie war jedoch noch nie dort und hat auch nicht vor, dorthin zu gehen. Wozu auch?

Ahmed (15) ist ein aufgeweckter, junger Schüler, der sehr beliebt ist. Er ist ein guter Schüler und es gibt keine Probleme mit ihm. Weder die Klassenlehrerin noch er selbst sehen einen Bedarf, das Beratungsangebot der Schulsozialarbeit in Anspruch zu nehmen.

Alltagsarbeit

Gerhard hat von seinem besten Freund aus der Nebenklasse erfahren, dass es einen Drehfußballtisch gibt. Er begleitet diesen und merkt, dass ihm das Spielen richtig Spaß macht. Außerdem ist der Schulsozialarbeiter sehr nett. Er kommt immer öfter und meldet sich sogar zu einem Turnier an.

Corinna ist eine brave, unauffällige Schülerin. Sie trifft die nette Schulsozialarbeiterin, die sie vom Workshop kennt, auch immer wieder in den Pausen, da diese regelmäßig durch die Gänge und Klassen spaziert und manchmal auch ganz ungezwungen mit ihr plaudert. Einmal hat sie in der großen Pause sogar UNO mit ihr und ihrer besten Freundin gespielt. Nebenbei haben sie mit der Schulsozialarbeiterin geplaudert und gelacht.

Ahmed kommt mit dem Schulsozialarbeiter einmal bei einem Schulausflug und einmal bei einem Handballturnier ins Gespräch. Es geht um Belangloses, aber es sind lustige Gespräche. Ahmed hätte nicht gedacht, dass sich der Schulsozialarbeiter wirklich so für Sport interessiert. Außerdem findet er, dass dieser auch zuhört – egal, worum es geht.

Anlassfälle

Gerhard bekommt unerwartet Schwierigkeiten mit einem Lehrer. Er ist verärgert und weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Er will so bald wie möglich mit einem anderen erwachsenen Mann darüber reden. Doch mit wem? Er lebt alleine bei seiner Mutter und hat kaum Kontakt zu seinem Vater. Mit Freunden will er nicht darüber reden, da es ihm peinlich ist. Auch andere Männer, die ihm in den Sinn kommen, scheinen nicht passend für so ein Gespräch zu sein. Doch da hat Gerhard eine Idee: „Ich könnte doch nach dem nächsten Drehfußballspiel den Schulsozialarbeiter darauf ansprechen. Der hat uns ja eh immer versichert, dass er alles vertraulich behandelt.“

Am Wochenende hatte Corinna eine heftige Auseinandersetzung mit ihrem um 3 Jahre älteren Freund. Es ging auch um Sex, und sie fühlt sich richtig verunsichert. Was soll sie machen? Was darf sie machen? Worauf muss sie achten? Viele Fragen gehen ihr durch den Kopf, und sie weiß nur, dass sie keinesfalls mit den Eltern darüber reden will. Auch mit ihrer besten Freundin kann sie den Vorfall nicht besprechen, da diese ja selbst gerade nicht weiß, was sie mit ihrem Freund machen soll. Außerdem wäre es sicher besser, denkt sie, wenn sie mit einer erwachsene Frau darüber spricht. Da fällt ihr die sympathische Schulsozialarbeiterin ein, die sie am Gang nett anlächelt.

Ahmed hat eine unglaubliche Erfahrung gemacht. Es ist ihm peinlich, er kann einfach mit niemandem darüber reden: Er hat sich in einen Buben verliebt. Wilde Gedanken gehen ihm durch den Kopf: „Soll ich es einfach verschweigen? Was bedeutet das denn überhaupt? Ich muss das jemanden erzählen! Mit dem Klassenlehrer, Freunden und Sportkollegen, seinem Bruder oder gar den Eltern reden? Unmöglich! Aber der Schulsozialarbeiter ist doch eine Ansprechperson, oder?“

Fazit

Die Teilnahme an Schulveranstaltungen, unterschiedliche Freizeitangebote, „problemfreie“ Gespräche, das kurze Nachfragen nach dem Wohlbefinden, freundliches, ungezwungenes Auftreten, Spiele und die ständige Präsenz sowie das wiederholt ausgesprochene Unterstützungsangebot sind niederschwellige Maßnahmen, die den SchülerInnen nicht nur in der konkreten Situation gut tun, sondern ganz wichtig sind, um eine Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen aufzubauen. Diese Beziehungen wiederum sind eine notwendige Grundlage für gute Beratung im Bedarfsfall.

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