4
Oktober
2013

„Wissen ist Macht“ – kurz: KIPP

Ein Gastbeitrag von Edith Walter

Die Bildungsmisere in den USA ist der ganzen Welt bekannt, auch dass es an amerikanischen Schulen immer wieder zu Gewalttaten kommt. Wenige wissen jedoch, dass es verschiedenste, vor allem private Initiativen gibt, um die Situation an den Schulen zu verbessern und insbesondere die Chancen sozial schwacher Kinder zu erhöhen. Eine der erfolgreichsten Initiativen dieser Art ist das „Knowledge Is Power Program” (kurz: KIPP),  das mittlerweile an zahlreichen Schulen in mehreren Bundesstaaten der USA durchgeführt wird wie nur z.B. in der New Yorker Bronx.

Den Ausgang nahm KIPP 1994 in San Francisco. Zwei engagierte LehrerInnen wollten beweisen, dass Kinder aus gesellschaftlich benachteiligten Familien ohne Weiteres mit ihren besser gestellten AlterskollegInnen mithalten konnten, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Dabei gingen sie von Forschungsergebnissen aus, die besagten, dass Selbstdisziplin wichtiger für den Schulerfolg war als Intelligenz. Außerdem lieferten sie ihren Schülern ein klares Ziel, auf das sie hinarbeiteten: das College. Seit Gründung der KIPP-Schulen schneiden ihre Schüler bei den gängigen Tests in Mathematik und Englisch durchwegs besser ab als gleichaltrige Schüler in anderen Highschools und 80% der Schüler besuchen später ein College.

Das Geheimnis hinter dem KIPP-Effekt ist ein durchwegs strenges Regime, in dem jede kleinste Regelverletzung geahndet wird, und vorteilhaftere Lernbedingungen als an anderen Schulen. So werden die Schüler in kleineren Klassen und von erfahrenen Lehrern unterrichtet, die sie intensiv betreuen und motivieren. Wenn Lehrer, die in sie gesetzten hohen Erwartungen nicht erfüllen, können sie schnell entlassen und ersetzt werden. Dazu kommen lange Schultage von etwa 7:00 bis 17:00 Uhr, wobei die letzten beiden Stunden für Nachhilfe und gemeinsame Schulprojekte vorgesehen sind, sowie Unterricht am Samstag von 9:00 bis 15:00 Uhr. Für Hausaufgaben sind jeweils mindestens zwei Stunden nach dem Unterricht eingeplant. In den Ferien nehmen die SchülerInnen an Förderprogrammen teil. Zum regulären Schulalltag gehören auch Talentstunden, die dazu dienen, die besonderen Talente jedes einzelnen Schülers zu entdecken und zu fördern,  Kurse in sozialer Kompetenz und in freier Denkkompetenz, eine verpflichtende Stunde  pro Woche mit Orchesterprobe sowie verschiedenste Projekte.

Mittlerweile gibt es in den USA 141 KIPP-Schulen, an denen mehr als 50.000 Schüler eine Ausbildung  erhalten. Es handelt sich um private Schulen mit Öffentlichkeitsrecht, die vor allem in Stadtbezirken mit hohem Anteil an sozial schwachen, also überwiegend hispanischen und afro-amerikanischen Familien, angesiedelt sind, zB in the Bronx. Finanziert werden die Schulen mit privaten Spendengeldern, die von der im Jahr 2000 gegründeten KIPP Foundation verwaltet werden. Die Ausbildung an den KIPP-Schulen ist für die SchülerInnen gratis und so gut, dass Schulplätze in der Regel heiß umkämpft sind.

Edith Walter
Juristin, Schriftstellerin und kritische Beobachterin

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