Heute darf ich an dieser Stelle wieder einen Gastbeitrag von Edith Walter posten. Ich freue mich, dass sie über ein Thema schreibt, das allen, die wie ich selbst Kinder haben oder die mit Kindern arbeiten, am Herzen liegen sollte.
Kinderköpfe brauchen Bewegung
Kinder bewegen sich gern, so heißt es allgemein und so erleben wir es auf jedem Spielplatz. Kinder bewegen sich zu wenig, schlagen Gesundheitsexperten seit Jahren Alarm. Wir wissen alle, dass es tatsächlich so ist, dass die meisten Kinder heute viel weniger herumtollen als früher. Wir kennen viele Gründe dafür und zumindest eine Auswirkung des Bewegungsmangels ist nicht zu übersehen: Übergewicht bei den Kleinen in der Volksschule oder sogar schon im Kindergarten. Der Babyspeck ist bekanntermaßen ungesund, aber es gibt noch andere Gründe dafür, warum Kinder viel mehr Bewegung brauchen.
Kindliche Gehirne sind naturgemäß noch nicht voll ausgereift. Viele Nervenzellen und Nervenverbindungen müssen in den Jahren nach der Geburt erst aufgebaut werden. Allerdings werden sie das nur, wenn sie auch tatsächlich gebraucht werden. Das Gehirn ist nämlich mit einem Muskel vergleichbar: Wird es nicht beansprucht, bleibt es auf dem erreichten Niveau stecken oder verkümmert sogar. Das heißt je aktiver der Körper ist, desto aktiver ist auch das Gehirn und das zeigt sich nicht nur auf Gebieten, die unmittelbar mit Bewegung zusammenhängen wie Gleichgewichtssinn, Koordinationsfähigkeit und Geschicklichkeit.
Mangelnde Bewegung lähmt nicht nur die Gehirnentwicklung, sondern auch die Aktivität des Gehirns insgesamt, was vermutlich daran liegt, dass es weniger gut durchblutet und daher schlechter mit Sauerstoff versorgt wird. Körperlich gut ausgelastete Kinder können sich im Allgemeinen viel besser konzentrieren, sind ausgeglichener und auch viel neugieriger als ihre Altersgenossen, die am liebsten zu Hause herumsitzen und insgesamt eher lustlos wirken. Im Gegensatz zu Stubenhockern lassen sie sich von neuen Dingen viel leichter begeistern, sie lernen lieber und haben in der Schule weniger Schwierigkeiten damit, sich den Lernstoff einzuprägen. Auch ihre Neigung zu depressiven Verstimmungen oder gar Depressionen ist geringer.
Darüber hinaus trägt Bewegung zu einer Stärkung des Selbstvertrauens der Kinder bei, weil sie ihnen Erfolgserlebnisse und ein Gefühl von Selbständigkeit oder sogar Unabhängigkeit schenkt, wenn ein schwieriger Bewegungsablauf gelingt. Schaffen sie etwas nicht auf Anhieb, lernen sie mit der Frustration umzugehen und nicht gleich aufzugeben. Haben Kinder die Gelegenheit, sich gemeinsam mit anderen Kindern zu bewegen, werden dadurch zusätzlich soziale Kompetenzen wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Einfühlungsvermögen oder Regelverständnis gefördert.
Das Resümee: Kinder brauchen Bewegung, um gut auf ihr Leben als Erwachsene vorbereitet zu sein. Eine Stunde pro Tag genügt schon.
Edith Walter
Juristin, Schriftstellerin und kritische Beobachterin