5
Februar
2013

Ein Fallbeispiel aus der Schule

Aus unterschiedlichen Gründen habe ich in letzter Zeit wenige Blogbeiträge gepostet. Das wird sich bald ändern! (Die Hoffnung stirbt zuletzt) Um das Bild von Schulsozialarbeit klarer zu machen, werde ich in den nächsten paar Wochen einige Fallbeispiele posten. Selbstverständlich sind alle Namen von uns geändert (und die Abkürzungen entsprechen nicht den Namen)!

 

Schulsozialarbeit als Beitrag zur Emanzipation und Geschlechtergerechtigkeit

Schülerin A kommt wegen Liebeskummer zur Schulsozialarbeit. Sie fühlt sich verwirrt und hat viele offene Fragen. A wächst in patriarchalischen Familienverhältnissen auf. Ihr Vater wirkt streng und autoritär. Seine Ehefrau wird von ihm ständig kontrolliert. Eifersucht steht an der Tagesordnung. Viele Freundinnen von A wachsen in ähnlichen Familienverhältnissen auf. Auch hier sind Eifersucht und Kontrollversuche keine Seltenheit. Viele ihrer Freundinnen sehen Eifersucht und Kontrollversuche in Beziehungen nicht nur als normal, sondern mittlerweile sogar als Liebesbeweis.

Der Schüler B drängt die Schülerin A, eine Beziehung mit ihm einzugehen. Schüler B zeigt bereits erste aggressive Anzeichen von Kontrolle und Machtmissbrauch. Er demütigt sie vor anderen und kontrolliert ihren Tagesablauf. Schülerin A ist sich über ihre Gefühle unsicher. Manchmal ist sie auf Grund seiner Worte und Taten traurig. Manchmal verspürt sie aber doch auch verliebte Gefühle für den Schüler B.

Gemeinsam mit der Schulsozialarbeit erarbeitet das Mädchen die Punkte, die für sie in einer schönen Beziehung essentiell sind, unabhängig davon, ob der Schüler B diese Punkte erfüllt oder nicht. Sie zählt fünf Punkte auf. Die Schulsozialarbeit erfragt anhand dieser Punkte Alltagssituationen, in denen der Schüler B diese Punkte erfüllt oder nicht erfüllt. A bemerkt, dass der Schüler B keinen der fünf Punkte erfüllt. Die Kontrollversuche und Demütigungen stören die Schülerin A und machen sie traurig. Die Schulsozialarbeit ermutigt A, ihre Gefühle ernst zu nehmen. Dennoch ist sie sich nicht im Klaren, wo genau ihre Grenzen sind. Die Schulsozialarbeit entlastet sie, indem sie ihr bewusst macht, dass die Frage nach den persönlichen Grenzen Lebensfragen sind und nicht so schnell beantwortet werden können. Dennoch können eigene Bedürfnisse nur eingefordert werden, wenn man sich über die eigenen Grenzen und Bedürfnisse bewusst ist bzw bewusst wird. A notiert sich ihre fünf Punkte auf einem Zettel. „Das mache ich, damit ich sie nicht so leicht vergesse! Das nächste Mal erzähle ich dir, wie es weitergegangen ist.“ Sie bedankt sich und geht zurück in ihre Klasse.

Bald danach ist das Schuljahr zu Ende. Nach den Sommerferien besucht A eine weiterführende Schule.

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