22
Juni
2021

Schulsozialarbeit in der Pandemie

Der Lockdown stellte Schulsozialarbeit vor zahlreiche Herausforderungen. Beziehungsarbeit lebt durch den niederschwelligen und regelmäßigen persönlichen Kontakt mit Schüler*innen, was von einem Tag auf den anderen nicht mehr möglich war. Innerhalb kurzer Zeit reagierte Schulsozialarbeit auf die dadurch entstandenen Schwierigkeiten und baute die Präsenz in sozialen Medien so weit wie möglich aus. Unter #isopschulsozialarbeit wurden auf Instagram zahlreiche Beiträge veröffentlicht sowie auch auf Facebook und auf unserem Schulsozialarbeitsblog unter www.isop-schulsozialarbeit.at. Trotz allem war es zunächst eine Mammutaufgabe, die Schüler*innen im Distance Learning bzw. Homeschooling zu erreichen.

Schulsozialarbeit versuchte, die Schulen dabei zu unterstützen, mit Eltern und Schüler*innen telefonisch Kontakt aufzunehmen und sie an ihre schulischen Pflichten zu erinnern. Die Zusammenarbeit mit Lehrer*innen und Schulleiter*innen wurde hier als sehr wichtig empfunden. Schulsozialarbeit erlebte die Lehrer*innen zudem als sehr motiviert in der Kontaktaufnahme und in der Bereitschaft, den Schüler*innen bestmöglich Hilfestellung zu geben. Viele nahmen zu den Kindern persönlich Kontakt auf, versuchten sie zu motivieren und so die Verbindung zu halten. Wenn der Kontakt abbrach, wurde Schulsozialarbeit sogleich eingebunden und es wurde gemeinsam versucht, Kind und Eltern zu erreichen. Über Freunde und Freundinnen wurde der Kontakt mit schwer erreichbaren Schüler*innen über Instagram aufgenommen bzw. wiederaufgebaut. Teils konnten Schüler*innen so dazu ermuntert werden, sich bei den Lehrer*innen zumindest zu melden, was wiederum eine Anzeige verhinderte.

Durch die Lockdowns veränderte sich für Schulsozialarbeit vor allem auch das Beratungssetting gravierend. Beratungen wurden, wenn möglich, telefonisch abgehalten, später auch über MS Teams und über Instagram wurden die Kontakte gepflegt. Das Zuhause mit Homeoffice und Familie wurde so zum Beratungsbüro. Durch diese Verlagerung des Beratungssettings von der Schule in die eigene Lebenswelt verschwammen die Grenzen und es wurde zunehmend schwieriger, sich von den angesprochenen Thematiken abzugrenzen. Um sich gegenseitig im Team bestmöglich zu unterstützen und diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, wurde die Frequenz der Teammeetings auf wöchentlich erhöht und Onlinemeetings/Intervisionen wurden auf bei Bedarf umgestellt. Außerdem wurde es nötig, Beratungen auch außerhalb der üblichen Zeiten, zum Teil am Abend oder in den frühen Morgenstunden, durchzuführen, da viele Schüler*innen ihren Schlaf-Wach-Rhythmus änderten – aufgrund der besonderen, durch COVID bedingten Situation hatten sie oft keine Wahl – und dann die Möglichkeit bestand, die Schüler*innen in einen Onlinechat zu bringen.

Durch die veränderte Lebenssituation der Kinder ergaben sich auch sonst viele Probleme. Es kam vermehrt zu innerfamiliären Spannungen. Eltern fürchteten sich davor, ihre Kinder aus dem Haus zu lassen, wobei Medienberichte und die vermehrte Polizeipräsenz in der Stadt diese Ängste noch weiter verstärkten. Immer öfter wurde in den Beratungen zum Thema, dass es die Kinder zu Hause nicht mehr aushielten, dass die Eltern sie nicht hinaus ließen, dass sie mit dem selbstständigen Lernen daheim überfordert wären oder dass sie große Ängste plagten, sie könnten ihre eigenen Eltern mit Covid19 anstecken oder ihre Großeltern hier bzw. in den Ländern, in denen diese lebten, könnten krank werden und Schlimmeres. Auch infizierten sich einige Kinder selbst mit Covid19 bzw. gab es Fälle, wo ein Familienmitglied an Covid19 erkrankte und in weiterer Folge sogar daran verstarb. Soziale Kontakte wie Freund*innen und/oder Familienangehörige aus dem weiteren familiären Umfeld, die ihnen in dieser Situation Halt hätten geben können, fehlten. Perspektivenlosigkeit, familiäre Krisen und depressive Verstimmungen kamen vermehrt auf. Die Lage spitzte sich in manchen Fällen derartig zu, dass Kinder von Zuhause wegliefen und Schulsozialarbeit teilweise das Wochenende damit verbrachte, mit Eltern/Kindern und Jugendamt bzw. Notunterbringungen zu telefonieren.

Mit Dauer der Pandemie erhöhte sich die Zahl der Schüler*innen, die auch während der Lockdowns in den Schulen anwesend waren und dort betreut wurden, weshalb Schulsozialarbeit sie zum Teil vor Ort in den Schulen und parallel dazu online bzw. telefonisch begleitete.

Die Rückkehr zu so etwas wie Normalität erleichtert den persönlichen Kontakt von Schulsozialarbeit zu den Schüler*innen und damit natürlich auch die Beziehungsarbeit. Das ist besonders wichtig, weil es jetzt darum geht, durch Einzelberatungen, Workshops in den Klassen und Freizeitangebote die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche der Kinder und Jugendlichen sowie auf ihr Sozialverhalten möglichst gering zu halten oder wieder wettzumachen. Schulsozialarbeit stellt sich dieser Aufgabe voller Energie.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert