13
April
2021

„Mindful classroom“

Ein Einblick in ein achtsames Klassenzimmer in der Volksschule

Bei einem „mindful classroom“, also einem achtsamen Klassenzimmer, geht es darum, dass Kinder lernen, freundlich miteinander umzugehen sowie achtsam und aufmerksam gegenüber anderen zu sein. Dabei ist es wichtig, dass sie ihre eigenen Ressourcen kennen, um diese sozial kompetent einsetzen zu können, dass sie Mitgefühl und Wertschätzung für andere entwickeln und dass sie lernen mit herausfordernden Situationen umzugehen. Durch aufbauende Übungen, die Schulsozialarbeit im Sozialen Lernen in der Volksschule durchführt, kann ein bewusster, achtsamer und freundlicher Umgang miteinander geübt werden.

Zu Beginn der Sozialen Lernen Stunde findet immer ein Begrüßungsritual statt. Dieses startet mit Atemübungen. Die Kinder stehen hinter ihren Sesseln, legen ihre Hände auf den Bauch und konzentrieren sich auf ihre Atmung. Schulsozialarbeit zählt langsam von eins bis fünf und die Kinder verfolgen aufmerksam ihre eigene Atmung, ihren Bauch wie dieser sich hebt und senkt. Ziel der Übung ist es, dass sie lernen, sich auf sich selbst zu fokussieren und ruhiger zu werden, und so in der Sozialen Lernen Stunde ankommen. Anschließend wird eine Yoga-Übung gemacht wie zum Beipiel der Baum, der Elefant oder die Giraffe. Die Kinder lernen dabei, Gleichgewicht und Stabilität zu finden. Für die Konzentration wird danach eine Brain-Gym-Übung angewendet. Danach legen alle Kinder zum Abschluss des ersten Teils des Begrüßungsrituales wieder ihre Hände auf den Bauch und es wird wieder fünfmal tief ein- und ausgeatmet. Die Kinder setzen sich und das Begrüßungsspiel wird gespielt. Dafür hat Schulsozialarbeit vier Karten mit Begrüßungsformen vorbereitet: Umarmen, High-five (Einklatschen), Fist-Bump (Faustabschlag) und Hände schütteln. Pro Runde wird ein Begrüßungskind ausgewählt, das die Kartenscheibe in der Hand hält. Die restlichen Kinder kommen nach der Reihe zu dem Kind und begrüßen speziell dieses Kind. Sie suchen sich die jeweils für sie passende Begrüßungsform aus. Nachdem alle Kinder das Kind begrüßt haben, wird das Begrüßungskind auch von der Lehrperson und der Schulsozialarbeit begrüßt.

Die Soziale Lernstunde beginnt also immer gleich. Beim Begrüßungsritual lernen die Kinder, sich selbst wahrzunehmen, und dass sich gegenseitig zu begrüßen höflich und respektvoll ist. Zusätzlich lernen sie auch das Wort Ritual kennen. Rituale und Routinen können Kindern Sicherheit vermitteln, sodass sie in unsicheren Situationen dieses Gefühl abrufen lernen.

Anmerkung: in Zeiten von social distancing findet das Begrüßungsritual in einer angepassten Form statt. Die Kinder bleiben auf ihren Plätzen sitzen. Sie haben vier runde Papierkarten vor sich auf denen sie im Vorfeld unterschiedliche Symbole gezeichnet haben. Ein Herz steht für eine gedankliche Umarmung, ein Smiley für ein Lächeln, eine Hand für Einklatschen und ein Hallo für eine freundliche, wertschätzende Begrüßung. Jedes Kind sucht sich, wenn es an der Reihe ist, eine Begrüßungsform aus, wie es die Klasse begrüßen möchte und hält seine Karte hoch.

Um Achtsamkeit füreinander empfinden zu können, ist es wichtig, dass Kinder vor allem sich selbst kennen lernen. Daher verfolgt Schulsozialarbeit im Rahmen des Sozialen Lernens den Ansatz vom Ich zum Wir. Bei der Tankstellen-Übungen beispielsweise lernen die Kinder sich selbst besser kennen und werden sich ihrer eigenen Ressourcen bewusst, um diese sozial kompetent einsetzen zu können. Bei dieser Übung wird die Tankstelle als Metapher verwendet, um Kindern ihre Ressourcen und Energiespender näher zu bringen. Schulsozialarbeit zeichnet eine Tankstelle auf die Tafel und fragt die Kinder, was bei einer Tankstelle passiert (Auto tanken, Auto putzen, Auto waschen, Essen kaufen sind gängige Antworten). Schulsozialarbeit fragt die Kinder, was passiert, wenn ein Auto nicht getankt wird. Antwort: Das Auto kann nicht mehr fahren, es hat keine Energie zum Fahren. Schulsozialarbeit erklärt in weiterer Folge den Kindern, was das Wort „Energie bekommen“ noch alles bedeuten kann und zieht Parallelen zur Tankstelle und dem Tanken des Autos. Die Kinder bemerken im Dialog mit Schulsozialarbeit, dass alle Menschen etwas brauchen, das ihnen Energie gibt. Einerseits Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken und andererseits noch weitere Dinge, die helfen, Energie zu bekommen. Die Kinder werden gefragt, was ihnen gut tut, ihnen Energie gibt, wenn sie beispielsweise nach einem langen Schultag müde nach Hause kommen. Gemeinsam werden die Ideen der Kinder auf der Tafel gesammelt. Dabei werden Dinge genannt wie im Park spielen, Fernsehen, kochen, backen, lesen, mit Mama kuscheln, mit Papa Fußball spielen, Musik hören oder machen, tanzen, singen. Die Kinder zeichnen ihre eigene Tankstelle mit allen Energiespendern/Ressourcen, die sie haben und brauchen, damit es ihnen gut geht. Im Anschluss dürfen die Kinder ihre Tankstelle vorstellen, wenn sie das möchten.

Nach vielen weiteren Übungen, bei denen die Kinder sich selbst und ihre eigenen Ressourcen kennenlernen, ist ein wesentlicher Schritt, die eigenen Gefühle benennen sowie die Gefühle der anderen wahrnehmen zu lernen. Durch pantomimisches Darstellen der Gefühle beispielsweise, erfahren die Kinder, dass Gefühle auch durch Körpersprache erkennbar sind und im Körper spürbar sind. Zusätzlich wird daran gearbeitet, was sie selbst für sich tun können, wenn sie gewisse Gefühle haben, positive wie auch negative, aber auch was sie für andere tun können.

Anschließend wird an einem wertschätzenden Umgang miteinander gearbeitet. Eine Übung dazu ist zum Beispiel, die Klassenfeedback-Übung. Die Kinder üben sich darin, sich gegenseitig Rückmeldung zu geben und auch bei unangenehmen Rückmeldungen eine wertschätzende Kommunikation beizubehalten. Dabei liegen Karten mit vier unterschiedlichen Symbolen – Stern, Herz, Blumen und Stopp – in der Mitte eines Sitzkreises. Der Stern steht für „Mir gefällt, dass …“, das Herz für „Danke, dass …“, die Blumen für „Es tut mir leid, dass …“ und das Stopp für „Bitte hör auf, …“. Bevor sich jedes Kind eine Karte nehmen darf, wird besprochen, was die Karten bedeuten und dass die Meldungen der Kinder nicht kommentiert werden. Nachdem jedes Kind eine Karte für sich genommen hat, legen die Kinder nach der Reihe ihre jeweilige Karte zu einem Kind aus der Klasse. Dabei sagt es den Satz, der zur jeweiligen Symbolkarte gehört. Beispiele dafür sind: „Mir gefällt, dass wir heute zusammen gespielt haben“ oder „Bitte hör auf, mich auszulachen!“ Im Anschluss gibt es eine Reflexionsrunde, bei der Schulsozialarbeit mit den Kindern das Gesagte gemeinsam als Klasse bespricht und die Kinder etwas dazu sagen können, wenn sie möchten.

Kinder lernen in einem mindful classroom, freundlich, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen. Sie werden achtsamer, mitfühlender und empathischer für ihr Gegenüber und stehen Herausforderungen selbstbewusster gegenüber.

 

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