6
April
2021

Digitale Medien und Spiele als Suchtgefahr – was ist dran?

Was machen digitale Medien und Computerspiele mit uns allen? Welche Risiken stecken dahinter? Ist ein Jugendlicher süchtig, wenn er mehrmals in der Woche drei Stunden am Stück an der Konsole zockt? Ist das Mädchen, das um 23 Uhr noch am Handy auf Tiktok postet, suchtgefährdet? Welche Möglichkeiten haben wir Erwachsene, zu unterstützen und helfen? Eine ISOP Schulsozialarbeiterin nahm anlässlich dieser Fragen an einer Fortbildung von VIVID – Fachstelle für Suchtprävention teil, in deren Rahmen es um Digitale Medien im Kontext der Suchtprävention ging. Die wichtigsten persönlichen Erkenntnisse teilt sie hier gerne J

In der Schulsozialarbeit arbeiten wir täglich mit Kindern und Jugendlichen. Es ist für uns, aber auch für andere erwachsene Bezugspersonen essentiell, Verständnis für ihre Situation zu haben. Wir sollten die Faszination von digitalen Spielen und Medien kennen und verstehen und uns gleichzeitig deren Risiken bewusst sein. Für uns Erwachsene ist es wichtig, neue Dinge nicht automatisch als „Blödsinn“, „gefährlich“ oder „Zeitverschwendung“ abzuwerten, sondern uns mit dem Thema vertraut zu machen. Hilfreich kann es sein, das Gespräch mit dem Kind bzw. Jugendlichen zu suchen, Interesse zu zeigen (und auch ehrlich zu haben!) und in die Beziehung zu investieren. Neben den üblichen Fragen, wie oft und wie lange ein Jugendlicher spielt, sind noch weitere Fragen wichtig: „Warum spielst du, wie ist deine Stimmung dabei?“, „Was ist für dich so interessant daran?“, „Kannst du dich selbst einschränken?“ und „Leiden andere Interessen/Hobbies darunter?“. Sich ein individuelles Bild von der/dem Jugendlichen zu machen und dann passend zu reagieren, kann Hilfe und Orientierung für die Betroffenen ermöglichen. Gut ist es auch, wenn man mitreden kann! Wir können uns über soziale Plattformen und Online-Spiele informieren, indem wir im Internet recherchieren… Hier ein paar Beispielvideos:

Was ist Tiktok? https://www.youtube.com/watch?v=bcAAC8QIHMc

Was ist Instagram? https://www.youtube.com/watch?v=OKDTg0ZatDc^

Was ist Fortnite Battle Royale? https://www.youtube.com/watch?v=eln9G51bBv4

Was ist Among us? https://www.youtube.com/watch?v=ukkJZbn5jdI

Wie viel ist zu viel? Digitale Medien sind heutzutage nicht mehr wegzudenken – das ist ein Fakt. Es gibt keine „Anzahl“ an Stunden, an der man Sucht festmachen kann. Besonders im Jugendalter ist eine Abstinenz nicht möglich, wenn man Teil der Peer-Group sein will. Gerade wenn persönliche Treffen aufgrund der derzeitigen Situation nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind, ist diese Kommunikations- und Unterhaltungsmöglichkeit wichtig und darf nicht „aus Prinzip“ als etwas Schlechtes angesehen werden. Wichtig ist dabei aber, dass junge Menschen einen bewussten Umgang mit Medien erlernen. Das Ziel muss sein, dass die Medien eine Bereicherung und nicht eine Belastung bzw. ein Problem für die Betroffenen sind. Wenn andere Bereiche wie z.B. Familie, Schule, Treffen mit Freunden, Sport nicht drunter leiden, steht einem Spielmarathon nichts im Weg.

Wichtiger als die Frage, wie oft und wie lange Kinder oder Jugendliche online spielen oder Tiktok, Instagram oder WhatsApp benutzen, ist es, sie nach ihrem Befinden zu fragen und ihnen zuzuhören! In einem wertschätzenden Klima können gemeinsam klare Regeln erarbeitet und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Je älter die Jugendlichen werden, umso mehr Selbstbestimmung sollte ihnen möglich sein. Wenn die (elterliche) Kontrolle mit dem Erwachsenenalter wegfällt, ist die Gefahr einer Abhängigkeit groß, wenn nicht schon in den Jahren davor ein gesunder Umgang erlernt wurde.

Gefährlich wird es, wenn viele Risikofaktoren auf wenig Schutzfaktoren treffen. Risikofaktoren können z.B. eine schwierige familiäre Situation, keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten und aktuelle Krisen sein. Schutzfaktoren können z.B. eine ausgeprägte Empathie-Fähigkeit, gute Bewältigungs-und Lösungsstrategien und eine gute Integration in Schule, Vereinen oder ähnlichem sein. Wenn die Herausforderungen, die zum Leben dazugehören größer sind als die Ressourcen, die der junge Mensch in seinem Leben hat, kann es zu einem Ungleichgewicht kommen und die Situation „kippen“. Unsere Aufgabe als Erwachsene ist es, Ressourcen der Schüler*innen und Schutzfaktoren zu finden und zu stärken.

Warum ist das alles eigentlich für die Kinder und Jugendlichen so interessant? Das Spielen von Online-Spielen oder das Sammeln von Likes oder Reaktionen auf Social Media ist darauf ausgelegt, dass das Belohnungssystem aktiviert wird. Und zwar relativ schnell und unkompliziert, was im „echten Leben“ oft mehr Anstrengung und Unsicherheiten bedeutet. Diese Medien sind nämlich so konzipiert und aufgebaut, dass es schwierig ist, aufzuhören. Es gibt selten ein echtes „Ende“ (wie bei einem Brettspiel), oft geht es um die Gemeinschaft und ums „Dazugehören“ zu einer sozialen Gruppe (was den Ausstieg erschwert) und auch um das Bedürfnis, sich zu beweisen oder darzustellen. All dies ist anzuerkennen und kann nicht weggeredet werden. Wiederum gilt es, in einem wertschätzenden Umgang ins Gespräch zu kommen und die eigene Haltung immer wieder zu hinterfragen.

Nicht zu vergessen ist die eigene Vorbildfunktion von uns Erwachsenen. Wenn auch wir bei jeder Nachricht zum Handy greifen und uns vom analogen Leben „ablenken“ lassen, können wir von den Jugendlichen nicht das Gegenteil verlangen. In Familien gilt, dass handyfreie Zeiten (beim Essen, abends und nachts) daher für alle gelten müssen. Das digitale Leben soll eine Ergänzung zum analogen Leben sein, kein Ersatz dafür. Ein kleiner Gedanke dazu: In Schulen gibt es „Handyverbote“ in Unterricht und Pausensituationen, die meist nur für die Schüler*innen gelten – vielleicht sollte das überdacht werden?

Was ist also wichtig, wenn man mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt ist und ein suchtgefährdetes Verhalten vermutet? MITEINANDER REDEN! Das interessierte Gespräch suchen, Verständnis für die Sicht des Gegenübers haben und gemeinsam Ressourcen suchen und Regeln vereinbaren – die dann auch für einen selber gelten sollten.

Dazu ein kurzer Film, der zum kritischen Hinterfragen des eigenen Umgangs mit dem Handy dienen kann… viel Spaß bei dieser Anregung, über sich selbst nachzudenken.

https://youtu.be/qZabjYyr6Vw

 

 

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